Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Chemnitz e. V.

Trampelpfad neben einer Staatsstraße

Fehlender Radweg an der S 159 in der Sächsischen Schweiz © Konrad Krause / ADFC

ADFC stellt Kenia-Koalition durchwachsenes Zeugnis aus

Radverkehrsbilanz der Sächsischen Staatsregierung: Viel Stillstand und nur kleine Schritte vorwärts.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Sachsen (ADFC) zieht nach fünf Jahren schwarz-grün-roter Koalition in Sachsen eine durchmischte Bilanz. Einige im Koalitionsvertrag definierte Ziele konnten teilweise oder vollständig erreicht werden. Positiv etwa benennt der ADFC die Lastenradförderung, die Planung von Radschnellwegen oder die Ausrüstung von Lkw des Freistaats mit Abbiegeassistenten. Der Radwegebau an Staats- und Bundesstraßen sei hingegen nahezu zum Erliegen gekommen, die Verkehrssicherheitsarbeit unterfinanziert und wenig wirkungsvoll. Auch der Radtourismus werde von der Staatsregierung als Wirtschaftsfaktor bisher noch unterschätzt. Von 18 erklärten Zielen des sächsischen Koalitionsvertrags von 2019 sind neun nach der Legislatur nicht erfüllt, sechs nur zum Teil.

„Sachsens Kenia-Koalition hat in den letzten Jahren einige kleine Schritte geschafft. Die großen Linien jedoch stimmen noch nicht. Immer mehr Menschen in Sachsen wollen Rad fahren, aber die Staatsregierung tut zu wenig dafür, dass das auch gut und sicher geht“ erklärt Janek Mücksch, Vorsitzender des ADFC Sachsen.

Nach den Ergebnissen des jüngsten ADFC-Fahrradklima-Tests fühlten sich 75% der Sachsen beim Radfahren gefährdet. Kein Wunder, denn vielerorts fehlt seit Jahrzehnten ein sicherer Radweg. Unfallschwerpunkte werden nicht systematisch entschärft, so der ADFC-Vorsitzende. „Die nächste Regierung kann es nur besser machen. Sachsen braucht lediglich drei Dinge, damit sich jedes Schulkind sicher mit dem Rad auf der Straße bewegen kann und Pendler auf dem Rad Bewegung in ihren Alltag integrieren können: Mehr Geld für Radwege, mehr Personal für die Planung und mehr Sicherheit für alle“ fasst Mücksch die Forderungen des ADFC zusammen.

Aus Sicht des Fahrradclubs sei es symptomatisch, dass kleinere Schritte für den Radverkehr in Sachsen in den letzten fünf Jahren teils erfolgreich gemeistert wurden. Die neu initiierte Lastenradförderung wird von sächsischen Unternehmen und Vereinen stark nachgefragt. Gelder für Radschnellwege und Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen wurden bereitgestellt und der Landkreis Leipzig verfügt bereits über eine touristische Knotenpunktwegweisung. Jedoch wurden zahlreiche versprochene Radwege an Bundes- und Staatsstraßen nicht gebaut, wie an der S 32 bei Kriebstein, der B 95 nördlich von Annaberg oder der S 161 bei Hohnstein. Der Ausbau des radtouristischen Netzes kommt nicht systematisch voran und wer sein Rad in der Bahn mitnehmen möchte, muss sich noch immer durch einen kaum bezwingbaren Tarifdschungel hangeln.

Hintergrund

Im Koalitionsvertrag hat sich die sächsische Koalition aus CDU, Grünen und SPD 2019 neben vielen anderen Themen auch auf ambitionierte Ziele zur Förderung des Radverkehrs geeinigt. Bis 2025 wollte die Koalition den Anteil des Fahrrads am Gesamtverkehr verdoppeln. Zahlreiche Einzelmaßnahmen waren miteinander vereinbart. Nur drei davon konnten während der Legislatur vollständig umgesetzt werden. Sechs weitere Ziele wurden nur zum Teil in Angriff genommen. Neun der 18 Vorhaben harren bis heute ihrer Realisierung. Die angekündigte Entschärfung von Unfallschwerpunkten blieb dabei ebenso liegen wie die Verabschiedung eines ambitionierten Programms zur Verkehrssicherheit. Auch die Anzahl der Verkehrskontrollen wurde entgegen der Zielsetzung im Koalitionsvertrag nicht deutlich gesteigert. Dass die Staatsregierung ihre eigenen Lkw mit Abbiegeassistenten ausrüsten will, ist dagegen ein Fortschritt.

Kaum voran kommt Sachsen beim Radwegausbau an Bundes- und Staatsstraßen. Nicht nur der ADFC, sondern auch der Sächsische Landesrechnungshof kritisierte dies bereits in der Vergangenheit. In seinem Jahresbericht von 2023 stellte die Behörde fest, dass die tatsächlichen Kapazitäten und die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nicht im Einklang mit den Zielvorgaben der Radverkehrskonzeption von 2014 stehen. Auch der Rechnungshof sagt: Vom Ziel, die in der Radverkehrskonzeption vorgesehenen Radwegabschnitte im geplanten Zeitrahmen fertigzustellen, sei der Freistaat weit entfernt. Im letzten Jahr wurden nur 8 km Radwege an Staats- und Bundesstraßen fertiggestellt - über 500 sollten es zwischen 2014 und 2025 eigentlich werden. Doch nur ca. 135 Kilometer sind bisher gebaut.

Auch wenn in diesem Bereich noch viel zu tun bleibt, so macht Sachsen bei der Förderung des Radtourismus erkennbare Fortschritte. Mit der Umstrukturierung der Staatsregierung seit 2019 spielte der Aktivtourismus eine deutlich größere Rolle. Die Staatsregierung arbeitet aktuell an einer Studie zum sächsischen Radtourismus und in mehreren Regionen wird die Einführung der bereits in den Niederlanden erfolgreichen Knotenpunktwegweiser vorbereitet.

Mit der Förderung des wegebunds leistet der Freistaat einen unverzichtbaren Beitrag dafür, dass die Kommunen bei Radverkehrsmaßnahmen schneller vorankommen. Die Vernetzungsarbeit der 2019 gegründeten kommunalen Arbeitsgemeinschaft ist ein Meilenstein: Nie wurden in Sachsen mehr Investitionen in den Radverkehr angestoßen und kommunale Rad-Projekte gestartet, als in den vergangenen fünf Jahren, der aktiven Rolle des wegebund sei Dank.

Ausbaufähig bleibt weiterhin die Situation der Fahrradabstellanlagen an den sächsischen Bahnhöfen. Der ADFC analysierte vor fünf Jahren die Fahrradparkplätze an allen Bahnhöfen im Freistaat. An 40% der sächsischen Bahnhöfe fehlten damals Abstellanlagen für Fahrräder komplett. Seitdem hat sich nur an einzelnen Stellen etwas bewegt.

Die Planung von Radschnellwegen in Sachsen ist hingegen ein Hoffnungsschimmer. Elf solcher Routen will die Sächsische Staatsregierung im Freistaat bauen, um das Fahrrad auf Pendlerwegen deutlich zu beschleunigen. Anders als etwa in Sachsen-Anhalt bringt die sächsische Landesregierung die Planungen zentral voran.

https://chemnitz.adfc.de/artikel/adfc-stellt-kenia-koalition-durchwachsenes-zeugnis-aus

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